"Ihre Majestät" ist in die Jahre gekommen

Wert die "Königin der Instrumente" beherbergt, muss gelegentlich tief in die Tasche greifen. Eine umfassende Orgelsanierung steht 2022 an.
Text: Klaus Geitner

Die Kirchenmusik hat in der Nymphenburger Stephanuskirche eine große und langjährige Tradition, in welcher die im Jahr 1969 von der Orgelbaufirma Detlef Kleuker (Brackwede) erbaute Orgel eine bedeutende Rolle spielte. Zweifellos war das Instrument in seiner Erbauungszeit eine wegweisende Orgel in der Münchener Orgellandschaft. So wurde an ihr mehrfach sogar das gesamte Bach-Orgelwerk aufgeführt.

Die deutlich neobarocke Disposition, die das Klangideal der ersten Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg in Rückbesinnung auf Orgeln der Barockzeit spiegelte, wirkt für heutige Ohren sehr scharf und spitz. Sie kann gerade in einer Raumakustik mit wenig Nachhall, wie die der Stephanuskirche, sehr unangenehm sein. Bei der letzten Überarbeitung im Jahr 2003 durch die Münchener Orgelbaufirma Kaps wurde die Disposition bereits leicht verändert und auch der Winddruck wurde leicht angehoben, so dass die Orgel insgesamt mehr Grundtönigkeit erhalten hat. Dennoch bleiben so manche Wünsche offen, in den letzten Jahren vor allem auch im Bereich der Registersteuerung.

Man nennt die Orgel ja auch die "Königin der Instrumente", und dieser Titel trifft es in mehrfacher Hinsicht: Majestätisch ist ihr Klang, weit die Tragkraft der Töne. Sie überwältigt diejenigen, die ihr lauschen. Gelegentlich können Majestät aber auch ziemlich launisch werden: "Es gibt kein Instrument, das am Unreinen und Unsauberen im Tonsatz wie im Spiel also gleich Rache nähme als die Orgel", betonte schon der Komponist Robert Schumann. Und schließlich: Diese Königin lebt auf großem Fuße, und wer sie beherbergt, der muss gelegentlich tief in die Tasche greifen. Daher hat der Kirchenvorstand der Stephanuskirche die Initiative ergriffen, die Kleuker-Orgel gründlich zu renovieren. Bereits alle nötigen Schritte (Gutachten, Ausschreibung, Auswertung und kirchenaufsichtliche Genehmigung) wurden rechtzeitig eingeleitet, so dass die Maßnahme in diesem Jahr ausgeführt werden kann.

Eine Orgel muss regelmäßig gewartet und gepflegt werden und etwa alle 20 bis 25 Jahre steht eine grundlegende Revision und Reinigung an. Gerade durch die Warmluftheizung wird viel Staub aufgewirbelt, der sich in der Orgel und nicht zuletzt auch in den Pfeifen ablagert. Diese sind dann kaum mehr stimmbar und ihr Klangbild leidet.

Die Revisionsarbeiten an der Orgel der Stephanuskirche umfassen verschiedene Bereiche, sowohl im technischen und klanglichen Bereich: Das Teilorgelwerk in der Emporenbrüstung, das so genannte Rückpositiv, ist von dieser Verschmutzung am meisten betroffen und muss daher dringend gereinigt werden. Der Arbeitsplatz des Organisten, der Spieltisch, ist sozusagen die "Schaltzentrale" einer jeden Orgel. Gerade in den letzten zwei Jahrzehnten hat sich hier ein neuer Standard entwickelt, welcher mit Hilfe eines kleinen Computers, der so genannten Setzeranlage, das Abspeichern und Vorbereiten von Klangkombinationen erleichtert. So wird der komplette Spieltisch umgebaut und sich danach deutlich übersichtlicher präsentieren. Die Motoren, mit denen die Klangregister gesteuert werden, sind nach über 50 Jahren altersschwach geworden und eine Instandsetzung ist nicht mehr möglich bzw. zu kostspielig. In den letzten Jahren gab es in diesem Bereich immer wieder größere Störungen, so dass nun alle Motoren durch moderne Schleifenzugmagneten ausgetauscht werden, mit welchen dann auch die Setzeranlage angesteuert werden kann.

Im klanglichen Bereich werden zwei Register getauscht, das Rückpositiv erhält eine zarte Zungenstimme "Vox Humana" und ersetzt das etwa bizarre Register "Bärpfeife" Im Hauptwerk wird das unangenehme und schrille Register "Zymbel" durch die farbige Stimme einer Terz 1 1/5 ausgetauscht. Somit erfährt die Disposition eine weitere wohltuende Klangverbesserung und alle übrigen Register werden je nach Bedarf leicht ausgeglichen und nachintoniert.

Nach der Überarbeitung besitzt die Gemeinde der Stephanuskirche wieder ein klangschönes Instrument, auf welchem ein Großteil der Orgelliteratur adäquat gespielt werden kann und auch wieder für viele Jahre zum Lobe Gottes "Soli Deo Gloria" erklingen wird. Möge die Kleuker-Orgel bei Gottesdiensten und Konzerten die Herzen der Spieler und Hörer weiterhin erfreuen!

 


Die nächsten evangelischen Termine in Neuhausen-Nymphenburg